Dienstag, 6. Mai 2014

Mord an der Paderborner Uni

Der Krimi „Curry, Senf und Ketchup” beginnt, wie es sich gehört, mit einem Mord. Kommissar Max Berger will den Mord an Professor Liedvogel aufklären, wie es sich gehört.Doch Bergers Augen spielen nicht mit, wie sie es sollten. Immer wieder verschwimmt die Welt in seinen Augen.
In zwei Teilen werde ich hier das erste Kapitel mit dem ersten Mord veröffentlichen.
„Curry, Senf und Ketchup“ (1. Kapitel, erster Teil)
Zum dritten Male krampfte sich sein Magen zusammen. Robert Zimmermann verzog sein Gesicht, als wäre ihm Zwiebelsaft in die Augen gespritzt worden. Dabei hatte der letzte Schluck Kaffee sich am Bestimmungsort nur unwohl gefühlt. Der Kaffee hatte den ätzenden Rückweg durch die Speiseröhre angetreten und füllte seinen Mund nun als saure und beißende Brühe.
Er spuckte die heiße Säure ins Spülbecken und wusste, dass sein Magen keinen Spaß mehr verstand. War immer ein übles Zeichen, wenn der Körper sich meldete, wenn der Magen meinte sich eigenwillig aufspielen zu müssen, weil drogistische Hilfen nicht länger geschätzt wurden.
Wenn der Körper Kaffee also zum Kotzen fand, dann mussten andere Mittel her, um seine Schaffenskraft auf Trab zu halten, denn Professor Liedvogel war noch humorloser als sein Magen. Was nicht perfekt war, wurde von Liedvogel so verrissen, dass man sich wünschte, niemals ein Seminar bei ihm besucht, ja, niemals eine Uni von innen gesehen zu haben.
Aber das Ende war in Sicht. Nach drei durchwachten Tagen und Nächten konnte Robert manch Gutes, wenn nicht Großes abliefern, um dem Liedvogelschen Fallbeil zu entgehen. War keine Kleinigkeit Liedvogels Schnabel zu schließen, war ungefähr so wahrscheinlich wie ein funktionierender Computer über mehr als drei Tage. Liedvogels Gnadenlosigkeit hatte volkswirtschaftlich äußerst positive Wirkungen. Seine Studenten, häufig Ex-Studenten, sorgten für volle Sprechstunden bei Quacksalbern jeder Couleur und sie unterstützten neben der Pillenindustrie ungefähr die Hälfte der Paderborner Kneipen.
Erst im letzten Semester konferierte der gesamte Psycho-Fachbereich sechs Stunden, um einen Sprungbereiten vom Turm zu locken. Scheußlich spannende Szene. Bis er endlich sprang. (Alternative für Zartbesaitete: Bis er dann doch nicht sprang.)
Zimmermann rieb sich mit seinen Zeigefingerknöcheln beinahe die Augen aus dem Kopf. Eine Nasevoll und dann noch einmal totale Konzentration, damit die Endversion und nicht etwa eine Zwischenarbeit durchs Kabel rauschte. Wäre ein Desaster! Ich piss mir in die Hose, wenn Liedvogel den Kopf zur linken Schulter senkt.
Eine Woche Komatrinken hatte Zimmermann über die letzte Katastrophe gerettet. Dieses Mal gab es nur zwei Möglichkeiten — Taxifahrer oder Sprung vom Turm. Was ungefähr das Gleiche war.
Jetzt nur nicht vergessen, die Datei an die Mail zu hängen. Selbst solche Lappalien reizten Liedvogel zu enormen Aufschwüngen seiner Lust an sarkastischer Erniedrigung. So, jetzt noch ein Mausklick auf den Sendeknopf. Ab die Post!
Die Kiste aus und in die Kiste rein waren kaum getrennte Vorgänge, reines Fließen. Nichts als tiefer, tiefer Schlaf!!
Um 16.30 Uhr wachte Robert auf, blickte auf den Wecker und hatte noch eine halbe Stunde. Neben dem Bett die Hose. Er sprang hinein, bückte sich, warf Arme und Hemd in die Luft und rieb sich durch die Augen. Fertig! In einem Pappschälchen vergammelten zwei altersgraue Stückchen Currywurst. Auf Ekelgefühle nahm Roberts Hunger keine Rücksicht. Zu den kalten Hochfettinnereienrollen schlürfte er Kaffe und eilte zur Uni.
Um 16 Uhr öffnete Professor Liedvogel die E-Mail und grinste, als er die Sendezeit las: 03:23. Er ließ den Drucker schnurren, nahm aus einem Hängeordner die Arbeit von Ole Nieljung, blätterte hinein, neigte den Kopf zur linken Schulter und mit verkniffenen Mundwinkeln warf er Nieljungs Arbeit auf den Schreibtisch.
An einer Pinnwand hing ein Poster mit einer Rakete, die das Universum durchquerte und im Schlepp ein Banner zog mit den Worten: „Make big plans!“ Natürlich wusste Liedvogel, dass seine Kollegen das für großmäulig hielten. Wer nicht mithalten konnte, war eben zu neidischem Schielen verdammt. Mickrige Gefühle, mickriger Köpfe! Hauptsache, seine Mitarbeiter wussten, was ihr Chef bewegte: 30 Stellen hatte Liedvogel an seinem Paderborner „Medien Center“ geschaffen. Ganze drei davon bezahlte die Uni selbst, alle anderen wurden durch Drittmittel finanziert.
Er blickte auf seine Uhr, rupfte den Aufsatz von Zimmermann aus dem Schacht des Druckers, überflog das Vorwort und las die erste echte Seite. Er nickte hier, neigte dort den Kopf zur gefährlichen Schulter und schob sein starkes Kinn vor.
Liedvogel blickte abermals auf seine Uhr, schaute dann zur Tür, schloss eine Schreibtischschublade auf und nahm ein Fläschchen heraus. Eine violette Pille kullerte in seine Handfläche, er führte sie zum Mund und warf den Kopf schluckend in die Luft wie ein Reiher, der einen Fisch durch den Schlund würgt. Es ist ein Wunder, dachte Liedvogel und summte eine Melodie. Ein Lächeln, im Husch da, im Husch vorüber. Die Melodie, vorher ein Nichts, nachher ein Nichts, kommt als Gespenst wieder und stört die Ruhe eines späteren Augenblicks. Robert Zimmermann hätte den Song als „Mother’s Little Helper“ identifiziert, weil er sich mit so was auskannte. Wahrlich kein Wunder bei seinem Namen. Aber Robert Zimmermann war zu spät.
Zur Besprechung mit Liedvogel federte er den Korridor hinunter, als käme er gerade aus einem Seminar über die glückbringende Wirkung von Mimik und Bewegung. Und was verriet sein Gesicht mit der messerscharfen Nase? Grinse außen, dann grinst du auch innen. Seminarziel erreicht!
Die Faust von Liedvogel reichte bis in Roberts Eingeweide. Sein Magen eine zusammengepresste Blechdose. Alle verwünschten Liedvogel, aber alle hingen auch an seinen Lippen und lechzten nach seinem Lob und nichts weniger als das erwartete Zimmermann für seinen Aufsatz.
Ganz außerordentliche Ergebnisse hatte er zutage gefördert. Sah sich schon in der „Kulturzeit“, hörte die einführenden Worte von Zobel: „Eben erschien in Paderborn eine sensationelle Untersuchung. Zu Gast heute Abend im Studio der Medienwissenschaftler Robert Zimmermann. Bevor wir über Einzelheiten sprechen, möchte ich Sie bitten, die Ergebnisse Ihrer Studie kurz vorzutragen. Schon der Titel ist ein Knaller.“
„Ja gern, Herr Zobel. Mein Aufsatz heißt: Das Fernsehen als lebensförderndes Palliativum für Senioren.“
„Sehr schön, ganz famos, sensationell!“, sagte Zobel.
Vor der Tür zum Liedvogelschen Büro zögerte Robert einen Wimpernschlag lang und seine Haare gaben preis, welche Unwetter sich in seiner Kuppel entluden. Sie standen zu Berge und flirrten wie Kolibriflügel. Doch, doch der Aufsatz war ein kolossaler Wurf! Die Sprache kernig und männlich wie bei Schopenhauer. Und dann erst die Ergebnisse, so überraschend wie neu; der Durchbruch war da! Gedanken wie Axthiebe! Sein Anklopfen entsprach dem anschwellenden Sturm in seinem Hirn.
Morgen gibt es den Mord





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