Samstag, 5. Juli 2014

Schreibwerkstatt - ein satirisches Hörspiel (Teil 13)

Droste: Glauben Sie, dass er tot ist, Frau Schwanenfeder?
Schwanenfeder: Sehr wahrscheinlich. Er war ja nicht nur Poet, Dramatiker, Romancier, Philosoph, Kritiker und Wissenschaftler, sondern er war auch Optiker, Baumchirurg, Skilehrer und der bedeutendste Bauchredner seiner Generation. Und damit habe ich erst ein Achtel seines Könnens aufgezählt, weniger bekannt ist, dass er auch ein gefürchteter Schütze war, öhm ist.
Droste: (traurig) Ich verstehe.
Schwanenfeder: Und bei der kurzen Entfernung konnte er …
(Die Tür geht auf. Ein Arzt stürzt herein)
Doktor: Entschuldigen Sie, aber ich hörte einen Pistolenschuss, kann ich helfen?
Schwanenfeder: Können Sie? Ja, bitte, da liegt er, Doktor …?
Doktor: Dr. Benn. Facharzt für Geschlechtskrankheiten und Teilnehmer am Kongress gegenüber im Saal. Lassen Sie mich sehen.
(Eine Pause, während er Goethe untersucht)
Dr. Benn: Er ist tot, Kugel durchs Herz, armer Teufel.
(v. Droste-Hülshoff schluchzt, Grimm seufzt traurig)
Selbstmord, richtig? Pistole noch in der Hand und mokantes Lächeln in den Mundwinkeln, war er ein Romantiker?
Schwanenfeder: Nein, Johann Wolfgang von Goethe, der Klassiker.
Dr. Benn: Ach was Klassiker, war doch eigentlich ein Romantiker mit seinem mittelalterlichen Stammelsurium, ist doch alles Flickwerk. Der Shakespeare war 200 Jahre vor ihm moderner als der rückwärts gewandte Goethe. Man glaubt es doch nicht, welch ein banales Potpourrie er anrührt in seiner Alchimistenbude. Ein kleines Mädchen vom Lande wird verführt und unglücklich gemacht und ein großer Gelehrter aller vier Fakultäten ist der Übeltäter. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein? Nein, gewiss nicht! Ohne die Beihilfe des leibhaftigen Teufels hätte es der große Gelehrte nicht zustande gebracht. — Sollte dies wirklich der größte deutsche tragische Gedanke sein, wie man unter Deutschen sagen hört?
Nietzsche: (grummelnd) Der Geniale wird beklaut, ein weiteres Beispiel für die Richtigkeit meines Gedankens der ewigen Wiederkehr des Immergleichen.
Dr. Benn: (Schaut sich interessiert um) Das ist ein Autorenworkshop, stimmt’s?
Schwanenfeder: Ja, stimmt, Herr Doktor. Sind Sie ein …?
Dr. Benn: Jaja, ich dilettiere. Gedichte, Essays, Dialoge, so Kleinigkeiten.
Schwanenfeder: Ich verstehe. Keine große Nachfrage für diese Dinge heutzutage. Aber kommen Sie doch nächste Woche hinzu. Wir haben einen freien Platz im Moment — und bringen Sie Beispiele aus ihrem Schaffen mit. Vielleicht können wir Ihre Bandbreite erweitern.
Dr. Benn: Danke, gern. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, ich muss die Behörden benachrichtigen.
(Dr. Benn geht und schließt die Tür)
Schwanenfeder: Und ich freue auf unser Treffen in der nächsten Woche. (Pause) Herr Heine?
Heine: (Schläft und schnarcht)
Schwanenfeder: Frau v. Droste-Hülshoff?
Droste: (schluchzt)
Schwanenfeder: Herr Nietzsche?
Nietzsche: (leise grummelnd) Der Irrsinn ist bei einzelnen etwas Seltenes — aber bei Parteien und Schreibgruppen die Regel.
Schwanenfeder: (nachdrücklich) Herr Nietzsche?
Nietzsche: Ja, aber Ja mein großes jasagendes Ja!
Schwanenfeder: Herr Grimm?
Grimm: Ja natürlich Frau Schwanenfeder. Ich habe da eine Idee für eine neue Geschichte, eine Anregung des guten Mannes da. Über seinen Vergleich, ich sei wie eine mächtige Eiche, mächtige Eiche. Die Situation: ein Schneider, Ausflug mit der ganzen Familie, Paulchen wirft einen Ball hoch, der in einer Eiche verschwindet, die gerade vorbeikommt, gerade vorbeikommt und stehenbleibt. Die Kinder warten, doch der Ball fällt nicht herunter. Der Schneider klettert hinauf, die Kinder stehen um die Eiche herum und warten und die Bienen machen summ, summ, summ. Paulchen sagt schließlich: „Papa kommt nicht zurück.“ Und dann … Und dann wird Paulchen von einer Biene gestochen. (Er seufzt vor Vergnügen) Ich schreib es auf und bring es nächste Woche mit. Und ich freue mich schon auf Ihre Einschätzung, meine Freunde, solch ein wertvoller Prozess.
(Heine stimmt zu, indem er lauter schnarcht, v. Droste-Hülshoff schluchzt ein paar Mal und Nietzsche grummelt etwas Unverständliches)
Schwanenfeder: Gehe ich also recht in der Annahme, Herr Grimm, dass der Workshop für Sie eine bereichernde Erfahrung war?
Grimm: (mit großem Behagen) Aber sicher, Frau Schwanenfeder. Ganz wunderbar. Unvergesslich. Inspirierend. Großartig. (Pause) Unschlagbar!
Ende
Curry, Senf und Ketchup (Krimi)
Ein Universitätsprofessor wird ermordet, ein Neonazi und eine Politikerin. Was verbindet die drei? Und ein Fußballtrainer wird verdächtigt.
Thalia: http://goo.gl/zgxt25
neobooks:
 http://goo.gl/6FyCF4Amazon: http://goo.gl/JTnvb

Mittwoch, 2. Juli 2014

Schreibwerkstatt — ein satirisches Hörspiel (Teil 12)

Schreibwerkstatt — ein satirisches Hörspiel (Teil 12)
Goethe: Warum ich das literarische Leben hinter mir lasse? Frau Schwanenfeder, ich habe ein Werk gefunden, ein gigantisches, einzigartiges Meisterwerk, die sublime Komposition eines Übergenies, dem das Wasser ich nicht reichen kann, dessen Geist in Gletscherhöhen über uns allen schwebt.
Nietzsche: Wer das ist, ist ja wohl klar.
Goethe: Ich sehe nun ein, dass ich nach Erfolgen gierte wie mein Faust, doch was zu erreichen ich suchte, ich muss es mir eingestehen, es liegt jenseits meiner Möglichkeiten. Mit einem Wort, meine Gratulation, ja meine Huldigung, geht an Herrn Grimm, der mit seiner Geschichtensammlung den krummen Kreis des menschlich Möglichen durchmessen hat. Sie kommen auf zarten Kinderfüßen daher und so schlicht schauen sie aus die Grimmschen Geschichtchen, aber, meine Damen, meine Herren, haben Sie ihre Eleganz bemerkt und ihre Subtilität und Wahrheit, ja, ihr Verständnis des ewigen menschlichen Widerspruchs, sodass eine blaue Welle das Herz anhebt voller Verwunderung über die Weisheiten des Verfassers?
Grimm: Sehr freundlich von Ihnen Herr Goethe. Aber Ihr Faust ist eine charmante Affäre. Stunde um Stunde um Stunde pures Vergnügen.
Goethe: Bitte, Herr Grimm. Ich bin Ihres Lobes nicht würdig. Doch mich wundert sie nicht, ihre Hochherzigkeit. In jedem Wort, in allen ihren Zeilen ist sie zu finden, in den Worten und Taten „Rotkäppchens“ oder des „Däumlings“ und auch im Themenreichtum und der Architektur ihrer Erzählungen spiegeln sich Edelmut und Grandeur. Ihre Geschichten sind eine Geschichte, geben wir es zu; es ist die Geschichte des Menschen als Untergang und Übergang.
Nietzsche: Wie bitte!? Sie Ideendieb!
Grimm: Aber Herr Goethe.
Goethe: Ein Übermensch steht unter uns, meine Fr…
Nietzsche: Gebt mir die Peitsche, ein Königreich für eine Peitsche!
Goethe: Ja, meine Freunde, unser guter Grimm ist ein Mensch wie eine mächtige Eiche und wir schrumpeln in ihrem Schatten dahin wie Blumen für einen Tag — wie Ihre „Loreley“ Herr Heine, ihre „Judenbuche“ Frau v. Droste-Hülshoff, Ihr „Zarathustra“ Herr Nietzsche und mein eigner abgeschmackter „Faust“. Aus Respekt vor der Kunst und ihr zuliebe will ich sie nicht weiter diskreditieren und schlage vor, dass auch Sie Ihr Kunstkönnen einer ehrlichen Überprüfung unterziehen.
Grimm: Aber mein lieber Freund!
Goethe: (traurig, aber resolut) Nein, Herr Grimm, nein! (er seufzt ganz erbärmlich)
(Pause)
Schwanenfeder: (verblüfft von Goethes Worten) Nun, Herr Goethe vielen Dank. Und doch, ich meine, es gibt keinen Grund für Sie — für niemanden unter Ihnen — Ihr Schreiben aufzugeben. (mit Enthusiasmus) Nein, im Gegenteil, Sie müssen fortfahren wie nie zuvor. In der nächsten Woche, wenn Sie zum Workshop zurückkehren, haben Sie Herr Heine Ihr Gedicht überarbeitet, Sie Ihre Novelle Frau v. Droste-Hülshoff und Herr Nietzsche Sie Ihren Zarathustra. Und zwar im Lichte dessen, was Sie gelernt haben, wir alle hier heute gelernt haben. Doch Sie, Herr Goethe, da Sie offenbar entschlossen sind an Ihrem Faust nicht weiterzumachen, bitte ich Ihre Phantasie in eine gänzlich andere Richtung zu schicken. Ich habe mir Notizen gemacht. (Rascheln von Papier)
…über eine ganz neue Idee für Sie — ein Buch, Herr Goethe, ein Selbsthilfe-Handbuch.
Goethe: Ja?
Schwanenfeder: Ja! Eine Anleitung zum Aufbau von Selbstvertrauen im Leben, prall gefüllt mit Rat und Ermutigung und Inspirationsenergie, damit die Leser ihre Zweifel und Bangigkeiten überwinden, auch ihre düsteren Zukunftsvisionen. Stattdessen sollen sie groß träumen und sich Ziele setzen und die sollen sie übererreichen.
Nietzsche: (grummelnd) Mh, mh.
Schwanenfeder: Ich verspreche Ihnen, dass solch ein Projekt nicht nur anderen Nutzen und Gewinn bringen wird, auch Ihnen Herr Goethe, auch Ihnen. (Feierlich) Sie könnten es einfach „Menschlich Allzumenschlich“ nennen.
Nietzsche: (grummelnd) Ein Buch für schwächliche Geister.
(Bumm! Ein Pistolenschuss. Goethe fällt auf den Boden)
Schwanenfeder: Herr Goethe!
Droste: (mit sich überschlagender Stimme) Herr Goethe! Herr Goethe!
Grimm: Hat sich erschossen. Oh, mein lieber Freund.
Fortsetzung folgt

Die letzte Lektion (Krimi)
Lehrer werden in die ewigen Ferien geschickt.
Ein Krimi mit Humor. Der Mörder wartet nicht, bis ein Lehrer aufzeigt. Im Nu sind einige Lehrer in die ewigen Ferien verabschiedet worden. Warum gerade Lehrer? Stimmt, Bankmanager hätten es auch getan, aber es sind halt Lehrer geworden. Und wer hätte nicht einen Pauker im Keller seiner grausamsten Fantasien?
Für kurze Zeit zum Aktionspreis von 99 Cent (statt 3,99 €).
Thalia: http://goo.gl/HxSEUe
neobooks: http://goo.gl/SioKjD
Amazon: http://goo.gl/V2XnXy

Samstag, 28. Juni 2014

Schreibwerkstatt  - ein satirisches Hörspiel (Teil 11)

Schreibwerkstatt — ein satirisches Hörspiel (Teil 11)
Grimm: (fährt ruhig und unbeirrt fort) Immer wenn Ihr Zarathustra zu seinen Predigten ansetzt, haben wir, meine liebe Frau und ich, uns vor Lachen aufgebäumt, vor Lachen geprustet — wie übrigens auch die Kleinen, Fin Alexander und Lena Miriam. Selbst Baby Ben Elton gurgelte vor Vergnügen, strampelte mit den Beinchen in einem Anfall von Übermut über Ihren Übermenschen. Eine glückliche Familienszene, es hätte Ihr Herz gerührt, Herz gerührt. Ja, Sie haben eine einzigartige Gabe, Herr Nietzsche.
Nietzsche: Und das mir! Mir das! (Er knurrt vor Wut, dann vor Schmerz)Mein Kopf, ah, mein Kopf. (Stöhnend, Nietzsche bricht zusammen)
Schwanenfeder: Er ist ohnmächtig. Herr Nietzsche! Herr Nietzsche! (Nach einigen Sekunden, kommt Nietzsche wieder zu sich) Er lebt wieder, Gott sei Dank!
Nietzsche: (Knurrend) Wo ist das Schwein? Was ist passiert?
Schwanenfeder: Sie, sind ohnmächtig geworden. Geht’s wieder, Herr Nietzsche?
Nietzsche: Gut, ja gut. Niemals besser. (düster, argwöhnisch) Was ist passiert, während ich, mh, nicht da war? (an v. Droste-Hülshoff gerichtet)Warst du mir untreu?
Droste: (überrascht) Was?
Nietzsche: Ich seh’ es dir an, die kalte Geilheit in deinen Augen. Du hast es mit Grimm getrieben, stimmts?
Grimm: (unaufgeregt, ruhig) Frau v. Droste-Hülshoff war ganz Dame, ganz Dame, während der gesamten Zeit Ihrer Ohnmacht, mein Herr.
Droste: Danke, Herr Grimm. (bestimmt) Herr Nietzsche, ich verkünde hiermit meine Entlobung. Wir sind, Herr Nietzsche, geschiedene Leute.
Nietzsche: Das ist unwürdig, das mir. Was mich nicht umbringt, macht mich größer. (Er grummelt kaum verständlich) Es gab Ewigkeiten, in denen ihr nicht wart; wenn es wieder mit euch vorbei ist, wird sich nichts begeben haben. (Pause)
Schwanenfeder: (so heiter, wie es die Umstände erlauben) Nun, ich denke wir sollten voraneilen. So wenig Zeit. Herr Goethe, lassen Sie uns über ihren Faust sprechen.
Goethe: Nein!
Schwanenfeder: (gequält) Nein?
Goethe: (leichter, aber deutlicher hessischer Akzent) Nein, ich möchte nicht darüber schwadronieren, Frau Schwanenfeder. Faust gibt es nicht mehr. Ich habe das Manuskript verbrannt und ich möchte Sie alle bitten, dass Sie Ihre Kopien ebenfalls verbrennen.
Schwanenfeder: (schockiert) Aber warum, Herr Goethe?
Goethe: So schmerzlich es ist, aber ich bin zur Überzeugung gelangt, mein Faust ist ein alberner Fehlgriff. Für alles, was ich je geschrieben und noch schreiben werde, habe ich nichts als Verachtung, tiefe Abscheu. Alles, was entstand, empfinde ich als Schande. Mich ekelt vor meinen Machwerken. Ich werde nichts mehr schreiben, nie mehr!
Schwanenfeder: (äußerst betroffen) Herr Goethe!
Goethe: Zuerst wollte ich mich töten, ganz in romantischer Manier, die so beliebt in Deutschland seit meinem Werther. Fand aber in den bauschigen Falten meines Mantels die Pistole nicht. Aber nein, dachte ich, ich werde mein Leben nicht beenden, ich werde es verändern, komplett umkrempeln. Ich werde in der Lüneburger Heide Schnucken hüten und mir zur Seite Barzel mein treuer Hund. (kleine Pause) Andererseits sehe ich mich auch als Wanderer für die Wahrheit durch pittoreske Landschaften wandeln. Sehe mich meist von hinten auf einem Vorgebirge stehend und blicke in ein Meer von goldenen Wolken. Über mir der Schrei eines Adlers. (wie zu sich selbst)Keine leichte Entscheidung, meine Freunde.
Schwanenfeder: Aber warum?
Fortsetzung folgt
Curry, Senf und Ketchup (Krimi)
Ein Universitätsprofessor wird ermordet, ein Neonazi und eine Politikerin. Was verbindet die drei? Und ein Fußballtrainer wird verdächtigt.
Thalia: http://goo.gl/zgxt25
neobooks:
 http://goo.gl/6FyCF4Amazon: http://goo.gl/JTnvb

Samstag, 21. Juni 2014

Schreibwerkstatt - ein satirisches Hörspiel (Teil 10)

Nietzsche: Aber ja doch, eine Frau. Wie war doch noch gleich der Name, mein Mädchen?
Droste: (beginnt zu schluchzen, ab hier weibliche Stimme) Annette. (noch leiser)von Droste-Hülshoff.
Nietzsche: Dann würde ich Annette v. Droste-Hülshoff empfehlen zu ihrem Putz und ihrer Häkelei zurückzukehren, zur Puderquaste und gepressten Blümchen, zu ihrem Gatten, wenn sie glücklich genug ist einen zu haben bei dem Zinken, den Pferdezähnen und den eingefallenen Wangen. Und das Schreiben überlässt sie besser denen von uns, die was von der Kunst verstehen und von der Welt.
Droste: (weint leise und hilflos)
Schwanenfeder: Ich muss deutlich widersprechen, Herr Nietzsche. Die Frauen von heut …
Nietzsche: (ungeduldig) Ach was, wir haben reichlich Zeit vergeudet mit diesem elenden Thema. Ich will endlich über meinen Zarathustra sprechen.
Schwanenfeder: (gibt nach) Nun gut, es ist schon spät. Wenn Sie keinen Einwand haben, Herr Droste, öhm, Frau v. Droste-Hülshoff?
Droste: (herzerweichendes Schluchzen) Aber Friedrich, du hast gesagt. Wir wollten. Du und ich nach Venedig und über das Dasein tänzeln. Deines Vaters Ring und die Nase deiner Mutter. (Sie zieht die Nase hoch) Aber machen Sie nur Frau Schwanenfeder.
Schwanenfeder: Gut, sehr gut. (Sie blättert in ihren Unterlagen) Nun Herr Nietzsche, für den Anfang nur zwei, drei Punkte.
Heine: (fährt plötzlich dreimal hoch und deklamiert laut) Ein Fräulein stand am Meere. (Er schnarcht wieder) Wenn der Mond beginnt seinen Strahlenlauf (Er schnarcht) Im traurigen Monat November war’s. (Er schlummert weiter)
Schwanenfeder: Ja, Herr Heine? (Pause) Herr Heine!
Heine: (aufgewacht) Wer ist der Harlequin?
Schwanenfeder: Möchten Sie etwas über Herrn Nietzsches Zarathustra sagen?
Heine: (kommt zu sich, vom Laudanum milde gestimmt und ungewöhnlich freundlich) Ja, sein Zarathustra. Na ja, nicht unbedingt meine Welt, das wohl nicht. Aber Nietzsches Werk ist eine Offenbarung, in dem Sinne, dass plötzlich, mit unsäglicher Sicherheit und Feinheit, etwas sichtbar, hörbar wird, etwas, das einen im Tiefsten erschüttert und umwirft, beschreibt einfach den Tatbestand. Es gibt keine Weisheit, keine Seelen-Erforschung, keine Kunst zu reden vor Zarathustra: das Nächste, das Alltäglichste redet hier von unerhörten Dingen. Die Sentenz vor Leidenschaft zitternd; die Beredsamkeit Musik geworden; Blitze vorausgeschleudert nach bisher unerratenen Zukünften. Die mächtigste Kraft zum Gleichnis, die bisher da war, ist arm und Spielerei gegen die Rückkehr der Sprache zur Natur der Bildlichkeit. Die stillsten Worte sind es, welche den Sturm bringen, Gedanken, die mit Taubenfüßen kommen, lenken die Welt. Also spricht Heinrich Heine, ein Hoch auf den Zarathustra und seinen Propheten, öhm seinen Schöpfer. Gut gemacht Herr Prophet, ich meine Nietzsche, sehr gut mein Freund. (Er gähnt)
Schwanenfeder: Sehr wohlwollende Worte, Herr Heine.
Nietzsche: Ach was, gönnerhaft, herablassend und gespickt mit versteckten Beleidigungen. Fragen Sie jemand anderes.
Schwanenfeder: Ja natürlich. Herr Droste, Frau v. Droste Hülshoff, Ihre Meinung zu Herrn Nietzsches Zarathustra.
Droste: Ich, ich… (versucht zu sprechen, beginnt zu schluchzen)
Grimm: Frau v. Droste-Hülshoff, meine Liebe.
Droste: (sie weint weiter)
Nietzsche: Keine Sorge. Frauenprobleme, die Zeit des Monats blah, blah, blah! Sie erwähnte es in der Kaffeepause.
Grimm: Hat sie? Hat sie?
Schwanenfeder: Verstehe. Gut, Herr Goethe würden Sie bitte?
Goethe: Nein!
Schwanenfeder: Aha, in dem Fall, Herr Grimm?
Grimm: Danke schön. (Pause) Tja, Nietzsches Zarathustra. Will mal so sagen, so sagen, ich fand Herrn Nietzsches Zarathustra bezaubernd. Ja, ganz köstlich. Burlesk, ulkig, schnurrig, richtig süß, richtig süß. Sie haben eine seltene Gabe, Herr Nietzsche.
Nietzsche: (erschüttert und empört) Wie, was, das ist Ihre Meinung?
Grimm: Ja, Herr Nietzsche. Absolut super. Etwas für die ganze Familie, ganze Familie. Ja, wir haben es vorgelesen, ich und meine liebe Frau für die Kinder, für die Kinder. Solch ein gesunder Atem verglichen mit all der Abgefucktheit und dem Zynismus, Zynismus unserer Zeit.
Nietzsche: (wütend) Mir das, das mir!
Grimm: Es ist ein Soufflé, zergeht auf der Zunge, nicht befrachtet mit gewichtigen Ideen oder Theorien, voller göttlicher Absurditäten und verbaler Purzelbäume, Purzelbäume.
Nietzsche: (wütend) Grimm, welche ein blühender Blödsinn. Mein Zarathustra gegen alles gehalten, Dante, Shakespeare, Aristoteles sind nicht einmal würdig, die Schuhsohlen eines Zarathustras zu küssen. Man rechne den Geist und die Güte aller großen Seelen in Eins: alle zusammen wären nicht im Stande, eine Rede Zarathustras hervorzubringen. Die Leiter ist ungeheuer, auf der er auf- und niedersteigt; er hat weiter gesehn, weiter gewollt, weiter gekonnt, als irgend ein Mensch. Er widerspricht mit jedem Wort, dieser jasagendste aller Geister; in ihm sind alle Gegensätze zu einer neuen Einheit gebunden. Die höchsten und die untersten Kräfte der menschlichen Natur, das Süßeste, Leichtfertigste und Furchtbarste strömt aus einem Born mit unsterblicher Sicherheit hervor.
Grimm: Und welch intelligenten Kalauer.
Nietzsche: (außer sich) Kalauer! Kalauer! Grimm, Grimm ich fordere Sie…
Fortsetzung folgt
Curry, Senf und Ketchup (Krimi)
Ein Universitätsprofessor wird ermordet, ein Neonazi und eine Politikerin. Was verbindet die drei? Und ein Fußballtrainer wird verdächtigt.
Thalia: http://goo.gl/zgxt25
neobooks:
 http://goo.gl/6FyCF4Amazon: http://goo.gl/JTnvb

Donnerstag, 19. Juni 2014

Schreibwerkstatt - ein satirisches Hörspiel (Teil 9)

(Droste und Nietzsche kommen munter plaudernd herein)
Schwanenfeder: Ah, da sind Sie. Herr Droste, Herr Nietzsche — wir machen nun weiter.
Nietzsche: (gedämpft) Setz dich hierher, hier an meine Seite.
Droste: (leise) Für immer, Friedrich. Lass‘ meine Hand nicht los.
Nietzsche: (flüsternd) Natürlich nicht. Nimmer mehr, teure Annette, denn unser Weg ist noch lang, der uns zu uns führt, vorbei an unseren sieben Teufeln.
Droste: (seufzt verliebt)
Nietzsche: Und über einen Finger an dieser schmalen Hand werde ich bald, wenn ich darf, einen Ring streifen — den von meiner Mutter.
Droste: Oh Friedrich, wirklich?
Nietzsche: Mein Vater reichte ihn meiner Mutter am Tag ihrer Verlobung. Nahm ihn ihr jedoch wieder ab, als er herausfand, dass sie es mit Grabbe trieb, der schweißfüßigen Kakerlake. Mit dem Rasiermesser hat er ihr die Nasenspitze abgeschnitten, die traditionelle Strafe in der Gegend von Röcken für solche Schandtaten. Den Ring mit seinem Rubin und den blassen Saphiren habe ich auf allen Reisen dabei. Auch die Nasenspitze steckt irgendwo, eingelegt in einem Gläschen mit Alkohol. Taucht von Zeit zu Zeit auf.
Droste: Welch romantische Geschichte. Er muss sie sehr geliebt haben.
Nietzsche: Wir Nietzsches tun alles sehr viel, meine Liebe, du wirst es erleben.
Schwanenfeder: Auf Ihre Plätze bitte, Herr Goethe, Herr Heine, Herr Grimm.
(Sie nehmen Platz, während Frau Schwanenfeder mit ihren Papieren raschelt.)
Schwanenfeder: Wir kommen jetzt zu Herrn Drostes Novelle „Die Judenbuche“.
Droste: (spricht wieder mit verstellter Stimme, männlich tief) Ja, Frau Schwanenfeder.
Schwanenfeder: Nun, damit werden wir uns wohl nicht allzu lange aufhalten. Es ist eindeutig das Werk eines Amateurs, ja, ich gebe es zu, durchaus mit einigem Talent. Ein paar Tipps. Etwas mehr, wie soll ich sagen, Durcheinander oder Verwirrung wäre willkommen, Herr Droste. Geben Sie dem Leser ein paar Nüsse zu knacken. Wer hat denn gesagt, dass Belletristik reines Vergnügen sei? Nein, sie ist Arbeit — oft harte, brotlose Arbeit.
Droste: Ja, wirklich?
Schwanenfeder: Und wenn Ihre Figuren sprechen, Herr Droste, dann sollten sie, denke ich, reden wie ihnen das Maul gewachsen ist, schimpfen und fluchen, besonders Ihr grobes und rohes Landvolk. Schmutzige Wörter sind in ihren Schnauzen so natürlich wie die Scheiße an ihren Stiefeln oder der Dreck unter ihren Fingernägeln.
Droste: (verstimmt) Frau Schwanenfeder!
Schwanenfeder: Nur keine Sorge. Ich habe Stellen im Text markiert, wo solche Sachen leicht eingefügt werden können und im Internet finden Sie eine alphabetische Liste mit Ausdrücken aus der Fäkalsprache, die Sie sicherlich nützlich finden werden. Und nun Herr Heine, was halten Sie von Herrn Drostes Novelle?
Heine: (Vom Laudanum eingeschlafen, schnarcht er unregelmäßig)
Schwanenfeder: Herr Heine?
Heine: (Er schnarcht weiter, schnarcht lauter)
Schwanenfeder: (ärgerlich) Später vielleicht. Herr Goethe, Ihre Bemerkungen zur „Judenbuche“ bitte.
Goethe: Nein!
Schwanenfeder: Nein? Ja danke. Und Sie Herr Grimm?
Grimm: Es ist ein außergewöhnliches Werk, hohe Literartur, hohe Literatur. So lebensklug und kühn in der Thematik. Und das von diesem Milchgesicht mit seinem hohen Stimmchen, Stimmchen.
Droste: (mit leiser Stimme) Danke, danke schön.
Grimm: Äußerst vielversprechend. Bewundere den Stil, den Stil, liebe die Erzählweise, schätze die Zeichnung der Figuren. Ein Triumph mein Lieber. Mein aufrichtiger Glückwunsch, Glückwunsch.
Droste: (wieder mit leiser Stimme) Nochmals vielen Dank.
Schwanenfeder: Und Sie Herr Nietzsche, was ist Ihnen eingefallen?
Nietzsche: Ja. (Pause) „Die Judenbuche“ ist allerdings eine bemerkenswerte Novelle, das Schlechteste nämlich, was ich je gelesen habe und ich bete, ich Nietzsche bete, niemals wieder so etwas lesen zu müssen.
Droste: (schockiert) Friedrich!
Nietzsche: Scheinheilig, prätentiös, falsch und überall schräg und schrill. Die weiblichen Figuren grob wie Laubsägearbeiten, die männlichen Figuren völlig unglaubwürdig. Seicht, äußerst seicht die Botschaft, konfuser Stil, die Handlung an den Haaren herbeigezogen, naiv und idiotisch die sozio-politische Tendenz des Machwerks.
Droste: (tief verstört) Nein, Friedrich!
Nietzsche: Ein schauderhafter Mischmasch ohne Logik, hoffnungslos und weibisch. So kann nur eine Frau schreiben, so ohne Stil, so kunterbunt dahingekleckert ohne Sinn und Verstand.
Schwanenfeder: Eine Frau? Herr Droste eine Frau? Ich hab’s doch gewusst, dass etwas nicht stimmt.
Fortsetzung folgt
Die letzte Lektion (Krimi)
Lehrer werden in die ewigen Ferien geschickt.
Ein Krimi mit Humor. Der Mörder wartet nicht, bis ein Lehrer aufzeigt. Im Nu sind einige Lehrer in die ewigen Ferien verabschiedet worden. Warum gerade Lehrer? Stimmt, Bankmanager hätten es auch getan, aber es sind halt Lehrer geworden. Und wer hätte nicht einen Pauker im Keller seiner grausamsten Fantasien?
Für kurze Zeit zum Aktionspreis von 99 Cent (statt 3,99 €).
Thalia: http://goo.gl/HxSEUe
neobooks: http://goo.gl/SioKjD
Amazon: http://goo.gl/V2XnXy