Freitag, 30. Mai 2014

Schreibwerkstatt - ein satirisches Hörspiel (Teil 2)

Fortsetzung es ersten Teils
Schwanenfeder: Aber Herr Grimm, Sie sollten sich nicht nur in der kunterbunten Märchenwelt aufhalten und dabei die Entwicklungen in der Literatur verschlafen. (zu Nietzsche gewendet) Herr Nietzsche, Sie sind allein in Ihrer Einschätzung, ich sag es bewusst, des Wiener Seelengenies.
Nietzsche: Dem Aberglauben kann man nur mit göttlichem Gelächter beikommen. Ich lache, hören Sie mich, ich lache, verlache den Wiener Clown und seine antiken Albernheiten. (gequältes Lachen)
Schwanenfeder: Ach Herr Nietzsche, auch Ihr Zarathustra würde im psychoanalytischen Licht …
Nietzsche: (wütend) Unterstehen Sie sich meinen Zarathustra auch nur in die Nähe dieses Schaumschlägers zu bringen. Bitte, werfen Sie Licht darauf, aber nicht den finsteren Schatten des Wiener Mystikers.
Schwanenfeder: Jaja. Und zum Schluss ein Mann, der ein paar Romane, Gedichte, Stücke und philosophische Abhandlungen geschrieben hat und sich in philosophischen Spekulationen ergeht. Vieles hat er versucht, gemeistert noch nichts. Johann Wolfgang von Goethe. Das sind Sie, nicht wahr? Sie dort, mit dem schwarzen Schlabberhut und dem, wehenden Poetenponcho?
Goethe: (düster) Ja.
Schwanenfeder: Gut. Herr Goethe hat ein Stück mit dem Titel „Faust“ eingereicht. Zwei enorme Bände, alles handschriftlich in seiner winzigen, aber unverwechselbaren Schrift, eine echte Herausforderung, so denke ich.
Goethe: (stöhnt)
Schwanenfeder: Lassen Sie uns beginnen und öffnen für den produktiven Prozess. Vladimir Sirin sagt irgendwo, ich pfeife und das richtige Wort lässt sich auf meiner Hand nieder. Auf, ihr kreativen Kräfte, an die Arbeit! (Pause)Zuerst Herr Heine mit seinem niedlichen Gedicht.
Heine: Mit dem größten Vergnügen.
(Heine steht auf, tritt vor die Gruppe und beginnt im rheinischen Singsang zu vorzutragen)
Heine: Ich weiß nicht was soll es bedeuten, / Dass ich so traurig bin; / Ein Märchen aus …
Schwanenfeder: (unterbrechend) Das ist nicht nötig, Herr Heine. Wir alle haben Ihr Gedichtlein gelesen, denke ich. Ich habe da gleich ein Problem, bevor ich die Diskussion eröffne, der Stil, Herr Heine, da müsste noch mal der Hobel drüber Herr Heine.
Heine: Der Stil, Frau Schwanen …
Schwanenfeder: Aber ja, er ist sehr eingängig, nicht wahr, Herr Heine. Solch ein Singsang. (Im Singsang) „Ich weiß nicht was soll es bedeuten“ / Ti-tam, titi-tam, titi-tam /Ti-tam, ti-tam, ti-tam / Ti-tam, titi-tam, ti-tamti… Sie müssen den Rhythmus zerstören, junger Mann: Hey, ich weiß nicht (Pause)was soll es (Pause) bedeuten, dass ich (Pause) so (Pause) traurig bin … Dehne die Zeile, zerschlage die Zeile, hau sie in Stücke, zerstöre die sahnige Zeile!
Heine: Aber …
Schwanenfeder: Und all die Reime … Also wirklich, Sie dichten Herr Heine, als ob es keine Moderne gegeben hätte. Schauen Sie sich mal bei Pastior um und bei Rühmkorf, da können Sie was lernen.
Heine: (kann mit dem Begriff und den Namen nichts anfangen) Als hätte es was nicht geben? Rühmkorf? Wer soll das sein?
Schwanenfeder: (genervt ihn aufklären zu müssen) Außerdem, dieses romantische Gedöns ist unzeitgemäß, Herr Heine. So dichtet man nicht mehr.
(Pause)
Heine: Ach was? Ja, wenn Sie meinen. Warten Sie, da kommt was hoch, da will sich etwas Bahn brechen. (Beginnt vorzutragen, zuerst langsam, dann flüssig) Gott gab uns nur einen Mund, / weil zwei Mäuler ungesund. / Mit dem einen Maule schon / schwätzt zu viel der Erdensohn. / Wenn er doppelmäulig wär, / fräß und lög er auch noch mehr. / Hat er jetzt das Maul voll Brei, / muss er schweigen unterdessen, / hätt er aber Mäuler zwei, / löge er sogar beim Fressen.
Schwanenfeder: Wie? Wie bitte? Wollen Sie mich …?
Grimm: Ich denke, ich verstehe, verstehe. Das ist doch Medienkritik, die reine Medienkritik, das Geißeln des großen Geschwafels, Geschwafels. Ganz superb Herr Heine, wie Sie in wenigen Versen das innerste Wesen, innerste Wesen des Menschen in die Sonne legen. Genial Herr Heine.
Schwanenfeder: (etwas verstört) Danke sehr, Herr Grimm, Grimm. Und was, Herr Droste; ist ihr Eindruck von Heines Gedicht?
Fortsetzung folgt


Kommissar Max Berger muss einen ersten Mord lösen, zu dem es viele Zeugen, aber weder Spuren noch Motive gibt. Professor Liedvogel ist während einer Vorlesung erschossen worden. Der zweite Mord ist grässlicher als der erste und führt Max Berger und seine Assistentin Clarissa Klabund in die Skinhead-Szene. Wer grotesken Humor mag, der wird schmunzeln, wenn nicht lachen über den halbverrückten Buchhändler Bernhard Schwarz.

Mittwoch, 28. Mai 2014

Schreibwerkstatt  - ein satirisches Hörspiel (Teil 1)



In mehreren Folgen werde ich hier das satirische Hörspiel „Schreibwerkstatt“ veröffentlichen.

Schreibwerkstatt — ein satirisches Hörspiel
von Friedrich Wulf

Figuren
Frau Schwanenfeder
Heinrich Heine
Ludwig Droste
Anette v. Droste-Hülshoff
Friedrich Nietzsche
Grimm (einzelne Figur, die alles zweimal sagt, nicht alles aber immer wieder)
Johann Wolfgang von Goethe
Doktor Benn
Kammermusik unter der Ansage
Geräusche einer Menschengruppe, Schritte, unverständliche Konversation, ein bisschen Husten, verschwindet schnell, während Frau Schwanenfeder zu sprechen beginnt.
Schwanenfeder: (an die Gruppe gerichtet) Guten Tag, meine Herren, ich heiße Sie willkommen, herzlich willkommen zur Schreibwerkstatt am Westfalen-Kolleg. Mein Name ist Antje Schwanenfeder. (Pause) Und ich muss sagen, die fünf herausragenden Manuskripte auszuwählen, war keine Kleinigkeit, aber es war dieses Mal keine vergebliche Liebesmüh. Denn mehr oder minder besitzt jedes von mir akzeptierte Werk unverkennbar künstlerische Qualitäten. Ich will mich gar nicht rühmen, aber mit Recht kann ich behaupten in den letzten Jahren einige Talente entdeckt zu haben. Und ihre Förderung gehört mit zu meinen erfreulichsten Lebenserfahrungen. Der Weg zu Ruhm und Reichtum windet sich wie eine nervöse Natter, aber ich bin sicher, meine Schützlinge werden das Ziel erreichen. Das gilt gewiss für Regina Prengel, deren Gedichtband „Gänseblümchen auf meiner Zimmerdecke“ kürzlich im Regina Prengel Verlag erschienen ist. Nobbi Grunzigs Stück „Gott ist mausetot“ wurde letztes Jahr im Kloster zu Dalheim aufgeführt. (unverständliches Grummeln) Wie bitte, Herr Nietzsche? Nichts? Gut! Drewermann war auch da — im Kloster zu Dalheim. Und Hubert Humbucks Roman „Liebe ohne Lenden“ kommt im Herbst heraus, wenn alles gut geht. Ach ja, könnten wir in die Zukunft schauen, meine Herren, aber nein, besser doch wohl nicht, und doch doch, wir wollen es hoffen, dass Ihre Namen in einer noch ungewissen Zukunft neben den genannten rangieren werden. Nun also, ich bin sicher, in diesem Kurs werden Sie die Grenzen Ihres kreativen Potenzials hinausschieben können, um dann mit Schwung an Ihre Schreibtische zurückzukehren.
Grimm: Ich darf wohl für uns alle sprechen, für alle sprechen, Frau Schwanenfeder, ich bin mir ganz sicher, so wird es sein, wird es sein.
Schwanenfeder: (dankbar für die Rückmeldung) Vielen herzlichen Dank, Herr Grimm, Grimm. Nun, Sie alle haben, so denke ich, Kopien der Werke ihrer Kollegen erhalten, damit wir sie zusammen diskutieren können, um Ermutigung und Unterstützung freigiebig auszuteilen und um von den Vorschlägen zu profitieren.
(Ein mittellautes Gemurmel des Unmuts der Anwesenden)
Schwanenfeder: Ich denke, dass alle anwesend sind. Wo ist meine Liste?
(Sie blättert vernehmlich durch ihre Papiere, räuspert sich laut und liest langsam vor.)
Schwanenfeder: Herr Heinrich Heine.
Heine: (rheinländischer Tonfall) Hier, Frau Schwanenfeder.
Schwanenfeder: Guten Tag, Herr Heine. (zu den anderen) Wie Sie alle wissen, hat Herr Heine sich an einem Gedichtlein versucht. So Zeugs über den Rhein, eine Blondine und die Gefahren der Schifffahrt — wohl so Impressionen aus seiner rheinischen Heimat, denke ich.
Heine: (murmelnd) Rheinische Heimat, haha, wohl dem, der jetzt noch Heimat hat.
Schwanenfeder: Wie? Was? Müssen immerzu reimen diese Dichter. Jaja, in Kürze werden wir Ihre Blondine auseinandernehmen, Ihr Gedichtchen, in dem ein halluzinierender Schiffer, wenn ich so sagen darf, sich in die Fluten stürzt.
Heine: Wie? Wie bitte?
(Heines Fragen überhörend, mit ihren Blättern raschelnd, fährt sie fort)
Schwanenfeder: Herr Ludwig Droste (Pause) Herr Droste? (Pause) Sind Sie anwesend Herr Droste?
Droste: (weibliche Stimme, die sich durchgehend bemüht männlich tief zu sprechen) Anwesend.
Schwanenfeder: (überrascht von Drostes weiblicher Erscheinung) Oh! (sich fassend)
Seien Sie herzlich willkommen, Herr Droste. Seit Jason King habe ich keinen Mann in solch einem bezaubernden Rüschenhemdchen gesehen und Ihr Beinkleid, ganz apart. (an die anderen gerichtet) Herr Droste ist eine schriftstellerische Hoffnung und hat uns seine Novelle „Die Judenbuche“ mitgebracht, ein blutrünstiges Werkchen, von dem ich hoffe, dass Sie sich durchbeißen konnten. Ich will das schon mal vorwegnehmen, Herr Droste, eine Eiche, meine ich, wäre als Dingsymbol für das unheilvolle Geschehen sicherlich passender gewesen. Nur so ein Gedanke, Herr Droste.
Heine: (grummelnd) Man macht aus deutschen Eichen keine Galgen für die Reichen.
Schwanenfeder: Wie bitte, schon wieder am Reimen Herr Heine? Wir kommen auf Sie zurück, ein bisschen Geduld. Und nun zu Herrn Nietzsche.
Nietzsche: (scharf und nachdrücklich mit sächsischem Akzent) Ja und also!
Schwanenfeder: (überrascht vom scharfen Tonfall) Grüß Gott, Herr Nietzsche.
Nietzsche: (schneidend) Ist tot.
Schwanenfeder: Jaja, wie bitte? Herrn Nietzsches „Zarathustra“ ist ein bizarres Machwerk, ich denke, Sie werden mir da zustimmen…
Nietzsche: (scharf, zischend) Bizarr, Machwerk?
Schwanenfeder: Und solch ein hintergründiger Titel. Nicht wahrscheinlich, den flanierenden Passanten dafür in den Buchladen zu locken. (Sie raschelt wieder mit den Papieren) Herr Grimm.
Grimm: (zurückhaltend, fast leise, dafür einen Teil wiederholend) Hier bin ich, bin ich. Guten Tag Frau Schwanenfeder.
Schwanenfeder: Herr Grimm hat uns eine Sammlung niedlicher Geschichtchen mitgebracht über Däumlinge, Hexen und Zwerge und Zaubertische und ein Schneiderlein kommt wohl auch vor. Allerliebst. Sie bieten einen selten-seltsamen Blick in die Seelen und Herzen kleiner und großer Kinder. Ganz famos!
Grimm: Gewiss, gewiss. (an die anderen) Ich freue mich mit Ihnen in diesem Seminar…
Schwanenfeder: (räuspert sich, raschelt) Besonders aus der tiefenpsychologischen Perspektive des Wiener Genies geben Ihre Geschichtchen Anlass für Ahnungen, sehr, seherisch-tiefe Ahnungen. Man denke nur an den Wolf und an diese Lolita mit dem roten Käppchen.
Grimm: Wiener Genie? Und wer ist diese Lolita?
Nietzsche: (fauchend) Wiener Quacksalber, Scharlatan, Spökenkieker, furchtbarer Simplificateur und megalomaner Dummkopf.
Fortsetzung folgt



Kommissar Max Berger muss einen ersten Mord lösen, zu dem es viele Zeugen, aber weder Spuren noch Motive gibt. Professor Liedvogel ist während einer Vorlesung erschossen worden. Der zweite Mord ist grässlicher als der erste und führt Max Berger und seine Assistentin Clarissa Klabund in die Skinhead-Szene. Wer grotesken Humor mag, der wird schmunzeln, wenn nicht lachen über den halbverrückten Buchhändler Bernhard Schwarz.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Nietzsches Rezept zur Entwicklung des Talents


Gastblog von Friedrich Nietzsche
Gestern habe ich skizziert, welche Voraussetzungen nach Nietzsche nötig sind, um sein Glück zu finden.
Nur die konstante Überwindung des inneren Faulenzers, so Nietzsches Lektion, führe zu wertvollen Ergebnissen. Vermutlich ist es auch nur ein Klischee, wenn wir meinen, manchen Menschen flögen die Erfolge nur so zu, denn Nietzsche ist anderer Ansicht.
Aber sagt er in „Ecce Homo“ nicht etwas ganz anderes? Beschreibt er sich dort nicht als genialer Schriftsteller? So kann die Stelle vermutlich gelesen werden, aber gilt nicht auch, was er Jahre früher in „Menschliches — Allzumenschliches“ gesagt hat. (s. zweites Zitat unten)
Was er dort sagt, über die Voraussetzungen Gutes zu schaffen, verdient den einen oder auch den anderen wohlwollenden Gedanken, denke ich.
„– Hat jemand, Ende des neunzehnten Jahrhunderts, einen deutlichen Begriff davon, was Dichter starker Zeitalter Inspiration nannten? Im andren Falle will ich’s beschreiben. — Mit dem geringsten Rest von Aberglauben in sich würde man in der Tat die Vorstellung, bloß Inkarnation, bloß Mundstück, bloß Medium übermächtiger Gewalten zu sein, kaum abzuweisen wissen. Der Begriff Offenbarung, in dem Sinn, daß plötzlich, mit unsäglicher Sicherheit und Feinheit, etwas sichtbar, hörbar wird, etwas, das einen im Tiefsten erschüttert und umwirft, beschreibt einfach den Tatbestand. Man hört, man sucht nicht; man nimmt, man fragt nicht, wer da gibt; wie ein Blitz leuchtet ein Gedanke auf, mit Notwendigkeit, in der Form ohne Zögern — ich habe nie eine Wahl gehabt.“ (Nietzsche, Ecce Homo)
Hier Nietzsches Rezept zur Entwicklung des Talents
Oder — Wie man ein guter Schriftsteller wird
„Der Ernst des Handwerks. — Redet nur nicht von Begabung, angeborenen Talenten! Es sind große Männer aller Art zu nennen, welche wenig begabt waren. Aber sie bekamen Größe, wurden »Genies« (wie man sagt), durch Eigenschaften, von deren Mangel niemand gern redet, der sich ihrer bewußt ist: sie hatten alle jenen tüchtigen Handwerker-Ernst, welcher erst lernt, die Teile vollkommen zu bilden, bis er es wagt, ein großes Ganzes zu machen; sie gaben sich Zeit dazu, weil sie mehr Lust am Gutmachen des Kleinen, Nebensächlichen hatten als an dem Effekte eines blendenden Ganzen.
Das Rezept zum Beispiel, wie einer ein guter Novellist werden kann, ist leicht zu geben, aber die Ausführung setzt Eigenschaften voraus, über die man hinwegzusehen pflegt, wenn man sagt »ich habe nicht genug Talent«.
Man mache nur hundert und mehr Entwürfe zu Novellen, keinen länger als zwei Seiten, doch von solcher Deutlichkeit, daß jedes Wort darin notwendig ist; man schreibe täglich Anekdoten nieder, bis man es lernt, ihre prägnanteste, wirkungsvollste Form zu finden; man sei unermüdlich im Sammeln und Ausmalen menschlicher Typen und Charaktere; man erzähle vor allem so oft es möglich ist und höre erzählen, mit scharfem Auge und Ohr für die Wirkung auf die anderen Anwesenden, man reise wie ein Landschaftsmaler und Kostümzeichner; man exzerpiere sich aus einzelnen Wissenschaften alles das, was künstlerische Wirkungen macht, wenn es gut dargestellt wird, man denke endlich über die Motive der menschlichen Handlungen nach, verschmähe keinen Fingerzeig der Belehrung hierüber und sei ein Sammler von dergleichen Dingen bei Tag und Nacht.
In dieser mannigfachen Übung lasse man einige zehn Jahre vorübergehen: was dann aber in der Werkstätte geschaffen wird, darf auch hinaus in das Licht der Straße. — Wie machen es aber die meisten? Sie fangen nicht mit dem Teile, sondern mit dem Ganzen an. Sie tun vielleicht einmal einen guten Griff, erregen Aufmerksamkeit und tun von da an immer schlechtere Griffe, aus guten, natürlichen Gründen. — Mitunter, wenn Vernunft und Charakter fehlen, um einen solchen künstlerischen Lebensplan zu gestalten, übernimmt das Schicksal und die Not die Stelle derselben und führt den zukünftigen Meister schrittweise durch alle Bedingungen seines Handwerks.“ (Nietzsche, Menschliches — Allzumenschliches)
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Dienstag, 20. Mai 2014

Das Glück der Bruchlandungen

Meine Antwort auf die gestrigen Selbstzweifel.
Gastgedanken von Nietzsche

Was also tun gegen die Einflüsterungen der Selbstzweifel?
Wir alle haben schwarze Stunden in unserem Leben. Wir alle kämpfen mit Schwierigkeiten, die unüberwindbar erscheinen. Wir alle erfahren Rückschläge. Dann würden wir am liebsten das Handtuch werfen.
Wir versuchen unsere Leiden zu mildern, und Probleme möglichst schnell zu überwinden. Gegen Rückschläge versuchen wir uns zu wappnen, so gut es geht.
Könnte es vielleicht sein, dass der Versuch Strapazen und Tiefschläge zu vermeiden, falsch ist? Wie wäre es, wenn wir Vorteile aus unseren Schlappen ziehen könnten?
Nietzsche jedenfalls glaubte, alles Leiden, alle Not und Mühsal sollten wir willkommen heißen, wenn wir Glück suchen. Fehlschläge und Bruchlandungen sollten wir als harte Herausforderungen annehmen und überwinden, wie der Bergsteiger die Anstrengungen und Gefahren des Aufstiegs überwindet.
An welcher Stelle bietet die alpine Landschaft das höchste Glücksgefühl? Auf dem Gipfel! Zu dem Gipfelglücksblick aber gehört der beschwerliche und gefährliche Anstieg.
Ein Teil des Glücks wird wohl nicht aus dem Augenblick des Gelingens gezogen, sondern gespeist wird das starke Gefühl aus dem Glück, die Hindernisse, die Beschwernisse, die Anstrengungen überwunden zu haben.
Wenn ich also mit ehrlichem Bemühen mein Ziel noch nicht erreicht habe, dann also sollte ich nicht kleinmütig resignieren. Sollte mir keine kleinbürgerliche Schrumpfmelancholie zulegen, sondern das Misslingen sollte mir Ansporn sein weiterzumachen, bis ich mit meinen Ergebnissen einverstanden bin.
Man stelle sich die Leiden einer Ballerina auf ihren schmerzenden Fußspitzen vor und führe sich vor Augen, welche Qualen ertragen werden müssen, welche ungeheure Selbstmarterung nötig ist, bis die Balletttänzerin über den Tanzboden fliegen kann.
Nur die konstante Überwindung des inneren Faulenzers, so Nietzsches Lektion, führt zu wertvollen Ergebnissen. Vermutlich ist es auch nur ein Klischee, wenn wir meinen, manchen Menschen flögen die Erfolge nur so zu, denn Nietzsche ist anderer Ansicht:
„Redet nur nicht von Begabung, angeborenen Talenten! Es sind große Männer aller Art zu nennen, welche wenig begabt waren. Aber sie bekamen Größe, wurden Genies (wie man sagt), durch Eigenschaften, von deren Mangel niemand gern redet …“ (Nietzsche) Sie leisteten Einzigartiges, indem sie Schwierigkeiten hinter sich ließen.
Glück können wir also nicht erhoffen, wenn wir den Problemen aus dem Wege gehen, sondern wir können es erhoffen, wenn wir die Schwierigkeiten kanalisieren und ihre Energie zu unserem Vorteile nutzen.
Albert Camus brachte die Folgerung daraus auf den Punkt.
„Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ (Camus)
Morgen gibt es Nietzsches Rezept, welche Eigenschaften die „Genies“ besaßen, von denen er im Zitat spricht.
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Montag, 19. Mai 2014

Bei Verzweiflung Pulp Fiction


Und dann gibt es Tage, an denen du dir sagst, lass es sein. Es hat keinen Sinn.
Du gehörst zu den Tausenden, die mit ihren Romanen niemals eine passable Leserschar erreichen werden. Gib auf!

Und du versuchst dich daran zu erinnern, was du bei einem Psychologen gelernt hast. Aber auch das will dir nicht gelingen, weil du seine Einsichten vergessen hast.


Du weißt nicht mehr, welcher Gedanke stachliger ist, etwas gar nicht versucht zu haben oder etwas versucht zu haben, aber irgendwann dir eingestehen zu müssen, du bist gescheitert.


Was schmerzt auf die Dauer stärker? Ist es die Ungewissheit, wie es wohl gewesen wäre, wenn du dich an einen Roman gemacht hättest? Die Phantasie ist flott, Bilder des schönen Erfolgs zu malen. Aber da du nie angefangen hast, bleibt dir nur das ewige Bedauern.


Oder schmerzt es stärker einsehen zu müssen, das du dein Bestes gegeben hast, deine "Meisterwerke" von den tumben Zeitgenossen aber nicht als solche erkannt werden? Dass man als Autor gescheitert ist. Auch dann gibt es noch den Zweifel, ob man nicht genug getan hat, um ans Ziel zu kommen.


Was also ist schlimmer?


Morgen oder übermorgen werde ich mir eine Antwort geben.




Für den Augenblick hilft mir diese Rezension


Rezension von der Seite „ebooks-lesen“

Friedrich Wulf: Curry, Senf und Ketchup


Im Mittelpunkt des Krimis “Curry, Senf und Ketchup” von Friedrich Wulf steht Kommissar Max Berger. Er muss den Mord an einem Universitätsprofessor aufklären. Bald darauf ereignet sich ein zweiter Mord in der Skinhead-Szene. Erst später stellt sich heraus, dass diese Morde zusammenhängen und der Serienkiller es auf weitere Personen abgesehen hat. In tagebuchartigen Einschüben kommt der Mörder zu Wort und erzählt aus der Ich-Perspektive mehr über seine Motive.


Anfangs dachte ich, ich hätte es mit einem ganz normalen Krimi mit einem spannenden Plot zu tun. Schnell wurde ich aber von der etwas anderen Schreibe Friedrich Wulfs überrascht. Inmitten der sauber redigierten Geschichte dominieren groteske und absurde Gedankengänge und Abschweifungen der Protagonisten. Das und die an Pulp Fiction erinnernden Dialoge machen den Krimi zu einem ganz besonderen Lesegenuss.


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Donnerstag, 15. Mai 2014

Zwischendurch gezwitschert 2





Krimi: Curry, Senf und Ketchup
Aktion: 99 Cent statt 3,99 €
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und bei allen kleinen und großen Anbietern
(ThaliaWeltbildKobo, Apple, buch.deebook.debol.debuecher.de etc.)

Schätze, es wird Zeit, dass ich mir eine falsche Identität zulege, in der ich 70 bin, damit jeder denkt, für sein Alter…

Die Leute sind so rücksichtslos. Könntet ihr wohl mit dem Hupen aufhören, bis ich dies geschrieben habe?

Geschafft! Meine Pflanzen haben endlich ihre Erwartungen in den Griff bekommen.

Amazon wird immer schneller. DHL schellt, der Typ reicht mir das Paket und sagt: “Sie wollten das gerade bestellen.”

Seit zwei Tagen Ferien und schon habe ich vergessen, wie Schuhe funktionieren.

Habe den ganzen Morgen über Aufgaben aufgeschoben, seit Stunden also extremes Multitasking, damit habe ich mir doch wohl ein Nickerchen verdient.

Tschuldigung, war zwei Stunden zu spät bei der Konferenz. Falscher Ehrgeiz, wollte Eingeschweißtes ohne Werkzeug öffnen, morgen Termin beim Zahnarzt.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Zwischendurch gezwitschert 1



Leute, die nicht in Glashäusern wohnen, haben es besser. Sie können im Haus mit Steinen werfen, so viel sie wollen.
Verlasse das Haus heute nicht, aber ich schaue mir ein Fußballspiel an, das draußen stattfindet. Vertraue der Kraft der kleinen Schritte.
Erschreckend! Habe heute zum ersten Mal auf ein Bild im Spiegel getippt, um es zu vergrößern. Ob ich wohl Hilfe benötige?
Hilfe! Benötige Hilfe! Gehe mit Freunden zum Essen. Kann mein Smartphone nicht finden, worauf soll ich denn sonst starren?
Seit ich in einem Glashaus wohne, hasse ich die Krähenschwärme über dem Haus.
Habe mir für den Rest des Jahres fest vorgenommen, Ablenkungen zu reduzieren, damit ich mehr Zeit mit meinem Smartphone verbringen kann.
Die Welt zu verändern, ist mein langfristiges Ziel. Fange mit Wirbelstürmen an und habe beschlossen im Sommer auf möglichst viele Schmetterlinge zu treten.
Wer hätte gedacht, dass so etwas funktioniert?
Leseproben werden hier vorgestellt, jeweils die 99ste Seite eines Buches.

Seite99



Dienstag, 13. Mai 2014

Frozen Shoulder (eine Groteske)


Journal der amateurchirurgischen Gesellschaft 2/2014
Inhaltsverzeichnis
Brustverkleinerung per Strohhalmmethode
Die Nase im Wandel der Zeiten (ein Kaleidoskop)
Operative Desensibilisierung einer Frozen Shoulder
Ein erstaunlicher Erfolg wird aus Paderborn berichtet, wo ein Team von fünf Amateurchirurgen einen chronischen Fall von Frozen Shoulder geheilt hat. An der Spitze des Teams operierte der in der Szene wohlbekannte Amateurchirurg Holger Hobelmeier. Spektakulär seine Operation am entfernten Herzen. Die Fachleute erinnern sich.
Das Herz wurde bei der Gelegenheit aus dem Brustkorb gehoben, mit einem Hochdruckgebläse durchgepustet und von kalkigen Ablagerungen gereinigt. War anschließend wieder in der Lage, ohne Anstrengung und Pein zu pumpen, sozusagen.
Nachdem Aortabogen und Herzrohr von grüner, scharfkantiger Plaque gereinigt waren, konnte das Blut wieder frei fließen. Mithin konnte von einer extrem erfolgreichen Operation gesprochen werden.
Gut, es gab auch eine kleine Panne, die von Kleinlichkeitsfanatikern über die Maßen aufgebläht wurde.
Sicher, der Wiederanschluss des Herzens ans Kreislaufsystem wollte nicht gelingen, weil die Schlauchzwingen nicht dichthielten. Also stürzten sich einige Pedanten und Korinthenkacker auf die mutige Mannschaft um Hobelmeier.
„Ohne Fehler kein Fortschritt und ohne Fortschritt keine Fehler“, konterte Hobelmeier die kleinmütige Kritik seiner Kritiker. „Der gleiche Fehler wird uns nicht wieder passieren“. War das denn nicht lächerliche Kleinleute-Ideologie: Leben, Leben über alles?
Eine frische Operation des Fünferteams mit Hobelmann an der Spitze ist zu vermelden.
Diagnose: Frozen Shoulder
Die Operation
Vom bewehrten Experten für Vollnarkose, dem Tischler Albert Alberhans, wurde der Patient mit einem gezielten Holzhammerschlag gegen die linke Schläfe ins Koma versetzt. Alberhans betont gebetmühlenartig, dass es die linke Schläfe sein müsse, niemals die rechte. Nach dem Grund gefragt zuckt er mit der Schulter.
Zur Öffnung der Schulter wurde aus dem Küchenset (12-teilig, japanischer Sheffield-Stahl) das Filetiermesser gewählt. Ein Kreuzschnitt legte das Schultergelenk frei. Mit Schraubzwingen wurden die vier Hautlappen vom Gelenk geklappt
Ein Schälmesser durchschnitt die feineren Muskelstränge.
Letzte Gewebereste wurden mit einem Schaber vom Knochen entfernt. Der bloße Augenschein ließ keinerlei Verletzungen am blanken Knochen erkennen. Auch keine Kalkablagerungen im Gewebe. Nach einer längeren Beratung beschloss das Team also, die Sehne (Ligamentum coracoacrominale) zu durchtrennen.
Sie wollten sehen, ob zwischen den aufeinanderstoßenden Knochen arthritische Veränderungen augenfällig waren. Zur Behebung der Beschwerden sollten dann zu einer dicken Gelatine aufgelöste Gummibärchen zwischen die Gelenke geschmiert werden.
Nach der geglückten Trennung des Oberarms aus der Schulter und dem Abschmirgeln von rauen Stoßflächen, dem Einschmieren mit Goldbärchengelatine gab es eine Pannchen. Die Sehnenenden (Ligamentum coracoacrominale) waren nicht mehr lang genug, um wieder zusammengenäht werden zu können. Das gewachste Nähgarn war schon durchs Öhr gefädelt, doch Hobelmann musste feststellen, dass sich die Sehnenenden zurückgezogen hatten und es unmöglich war, sie so lang zu ziehen, dass sie wieder verbunden werden konnten.
Aber das Garn war nicht umsonst eingefädelt, sondern mit Nadel und Faden nähte die Assistentin Irmgarn Zwirn (Änderungsschneiderei Zwirn & Zulang) über dem Oberarmstumpf die Hautfetzen zusammen.
Der Patient bedient seinen Computer inzwischen durch Spracheingabe und der linke Arm hat einen Ehrenplatz gefunden, steht in einem hohen Glas mit Alkohol in einer Vitrine neben einer Flasche Absinth.
Gewinnspiel: Kindle Fire Tablet
endet um Mitternacht

Krimi: Curry, Senf und Ketchup
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Sonntag, 11. Mai 2014

Augenblick verweile, du bist so schön!


Gastblog von Friedrich Nietzsche
Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig.
Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt — denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, daß ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte — da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg: so daß der Mensch sich darob verwunderte.
Es wunderte sich aber auch über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können und immerfort am Vergangenen zu hängen: mag er noch so weit, noch so schnell laufen, die Kette läuft mit. Es ist ein Wunder: der Augenblick, im Husch da, im Husch vorüber, vorher ein Nichts, nachher ein Nichts, kommt doch noch als Gespenst wieder und stört die Ruhe eines späteren Augenblicks. Fortwährend löst sich ein Blatt aus der Rolle der Zeit, fällt heraus, flattert fort — und flattert plötzlich wieder zurück, dem Menschen in den Schoß. (Friedrich Nietzsche)
Gewonnen!
Augenblick verweile, du bist so schön!

Samstag, 10. Mai 2014

Schmunzeln, vielleicht sogar Lachen garantiert


Versprechen kann ich viel, ich weiß, aber es ist ja einfach, die Probe zu machen. Lesen Sie doch die Leseprobe, um meine Behauptung zu überprüfen.
Wenn es stimmt, dass man schmunzeln muss beim Lesen des Auszugs, dann ist es auch erlaubt, das zuzugeben und zu kommentieren.
Freue mich auf Kommentare.

Leseprobe: Curry, Senf und Ketchup
Zur Besprechung mit Liedvogel federte Robert den Korridor hinunter, als käme er gerade aus einem Seminar über die glückbringende Wirkung von Mimik und Bewegung. Und was verriet sein Gesicht mit der messerscharfen Nase? Grinse außen, dann grinst du auch innen. Seminarziel erreicht!
Die Faust von Liedvogel reichte bis in Roberts Eingeweide. Sein Magen eine zusammengepresste Blechdose. Alle verwünschten Liedvogel, aber alle hingen auch an seinen Lippen und lechzten nach seinem Lob und nichts weniger als das erwartete Zimmermann für seinen Aufsatz.
Ganz außerordentliche Ergebnisse hatte er zutage gefördert. Sah sich schon in der „Kulturzeit“, hörte die einführenden Worte von Zobel: „Eben erschien in Paderborn eine sensationelle Untersuchung. Zu Gast heute Abend im Studio der Medienwissenschaftler Robert Zimmermann. Bevor wir über Einzelheiten sprechen, möchte ich Sie bitten, die Ergebnisse Ihrer Studie kurz vorzutragen. Schon der Titel ist ein Knaller.“
„Ja gern, Herr Zobel. Mein Aufsatz heißt: Das Fernsehen als lebensförderndes Palliativum für Senioren.“
„Sehr schön, ganz famos, sensationell!“, sagte Zobel.
Vor der Tür zum Liedvogelschen Büro zögerte Robert einen Wimpernschlag lang und seine Haare gaben preis, welche Unwetter sich in seiner Kuppel entluden. Sie standen zu Berge und flirrten wie Kolibriflügel. Doch, doch der Aufsatz war ein kolossaler Wurf! Die Sprache kernig und männlich wie bei Schopenhauer. Und dann erst die Ergebnisse, so überraschend wie neu; der Durchbruch war da! Gedanken wie Axthiebe! Sein Anklopfen entsprach dem anschwellenden Sturm in seinem Hirn.
„Zimmermann, na endlich!“ Liedvogel blickte auf seine Uhr. „Wegen der zehn Minuten brauchen Sie die Tür nicht gleich einzuhämmern. Hier Zimmermann!“
Liedvogel warf ihm einen Aufsatz zu. „Mist! Überarbeiten!“ Zimmermanns käsiges und hagerknochiges Gesicht verfärbte sich, wurde nicht gerade puterrot, aber immerhin bekamen seine Wangen etwas Rosiges.
„Wie bitte?“
„Setzen Sie sich mit Nieljung zusammen, so geht das nicht. Er lieferte schon gestern und ist uneinsichtig, sieht nicht, welche Plattitüden er da aneinanderreiht. Und die Sprache, sie müssen da mit dem Hobel ran Zimmermann. Nieljung ist ein Schwachkopf. Selbst bei Orkan fällt der Apfel eben nicht weit vom Stamm. Ich habe ihn rausgeworfen. Aber das hier erledigen Sie noch zusammen mit ihm.“
„Nieljung rausgeworfen?“
„Wollen Sie ihn weiterhin mit durchziehen, Zimmermann?“
„Hat der Stamm schon angerufen?“
„Nein!“
„Macht er denn noch mit, nach dem Rauswurf. An dem Aufsatz meine ich?“
„Er glaubt noch nicht so richtig dran, machen Sie mal. Und nun zu ihren Geistesblitzen. Nachtarbeiter wie?“
An einem Dutzend Stellen pappten Zettel zwischen den Seiten seines Aufsatzes. Ein gutes Zeichen, ein bedrohliches Zeichen? Waren das die Stellen mit den kräftigen Thesen oder den noch kühneren Folgerungen?
„Setzen Sie sich. Kommen Sie her!“ So nah, so nah war Zimmermann unheimlich, und schon hatte er sich gestochen an der Liedvogelschen Au, Au, Aura.
Gemeinsam schauten sie in den Aufsatz. Pluszeichen hielten den Fragezeichen die Waage. Auf den ersten beiden Seiten.
„Zimmermann, das hier“, Liedvogel tippte auf unterschlängelte Stellen, „das ist gut, wirklich stark.“
Wie bitte? Zimmermanns Geist machte dicht. Was? Wie? Wo ist das Aber? Kommt kein Aber? Das sei gut, sei gar stark?
„Aber“, fuhr Liedvogel fort, „um Himmels willen, erfinden Sie eine authentische Quelle. Zum Beispiel eine Umfrage unter Senioren, nehmen Sie meinetwegen Ihre Großmutter, aber verweisen Sie doch nicht auf einen Roman als Belegmaterial für ihre Thesen.“
Eine Großmutter wollte Robert wohl erfinden, eine Kleinigkeit. Die Rettung aus der stachligen Aura trat ins Büro. Chrissi Hains überreichte Zimmermann eine Kopie seines Aufsatzes und so konnte er Reißaus nehmen aus der Liedvogelschen Stachelaura.
Liedvogel nahm den Seiteneingang zum Hörsaal, denn schon eine Viertelstunde vor dem Beginn der Vorlesung waren auch die Treppenstufen des Saals besetzt. „Durch die Katakomben“, wie er es nannte. Zimmermann hörte etwas anderes hindurch, Liedvogels Eitelkeit, seine Enttäuschung darüber keinen Auftritt zu haben, nicht die Treppe hinuntertänzeln zu können.
Chrissi und Robert warfen die Maschinerie in Gang. Robert fuhr die Leinwand hinunter, Chrissi legte die DVD ein, positionierte den Beamer und drehte am Objektiv, bis das Bild scharf war. Liedvogel war ein Liebhaber des Details, das Große und Grobe bekamen auch die Doofen mit, aufs Feine und Kleine kam es ihm an und auf den Subtext, besonders den Subtext und den ironischen Blick.
Und was wurde gegeben? Hier wurde nichts gegeben! Liedvogel hielt eine Vorlesung mit dem Titel: „Paradoxie und Selbstreferenz im modernen Film.“
Nach der ersten Szene, ein hysterisches Pärchen überfällt ein Restaurant, stoppte Chrissi den Computer und Liedvogel erklärte, was alle gesehen, aber im feinen Detail eben doch nicht gesehen hatten. Denn Studenten sahen nun mal nichts, dazu brauchten sie die Augen eines großen Gelehrten. Erst der setzte ihnen Augen ein. Und wer sähe mehr und tiefer als ein deutscher Denker?
Zimmermann sah allerdings kaum etwas, dazu war ihm viel zu warm, zu wohlig, so dämmersüchtig zumute, so zum Gähnen gemütlich!
Vier Schüsse reißen seinen Kopf hoch. Aus tiefem Traum erwacht, kann er noch gerade sein letztes Traumbild mit in den Hörsaal herüberzerren: Charles Bronson mit Mundharmonika. Doch kein Mundharmonikaspiel-mir-das-Lied-vom-Tod im Hörsaal. Es ist ruhig im Saal und auf den Stufen. Eine entsetzliche Stille! So still wie nach den vier Schüssen in seinem Traum. Das Bild läuft nicht mehr, Liedvogel spricht nicht mehr. Einer liegt vor der Leinwand.
Ein Pistolenschuss zurück! Zimmermann träumte noch von Cowboys im Staube von Arizona oder Utah und Chrissi, ihre Hand noch auf der Maus, wartete noch auf den Wink von Liedvogel, als ihr Harry auf die Schulter tippte. „Was machst du danach?“ „Gleich, gleich, sei still!“
Sie drehte sich wieder um und blickte zu Liedvogel hinunter. Er winkte und dann knallte es aus der erhobenen Hand und der Mann ging zur Seitentür hinaus, durch die sie vor einer halben Stunde gekommen waren. Aber es war nicht Liedvogel, der gewinkt hatte und nun hinausging. Liedvogel lag vor der Leinwand.
Krimi: Curry, Senf und Ketchup
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Freitag, 9. Mai 2014

Ideen gibt es  - willkürliche Seitenwahl!


Auch diese Idee gehört zu denen, auf die man erstmal kommen muss.
Was soll denn schon dabei herauskommen, wenn man aus einem Buch die Seite 99 wählt, um sie dem verehrten Publikum vorzustellen?
Kann denn eine willkürlich gewählte Seite Aufschluss geben über die Qualität eines Werkes?
Kann sie dem Leser einen Eindruck vermitteln, der ausreicht, damit der er entscheiden kann, sich das Buch genauer anzusehen.
Das waren so Fragen, ich mir gestellt habe.
Antwort: Ja, man kann durchaus einen Eindruck vom Buch gewinnen.
Also ich habe aus meinem Krimi „Curry, Senf und Ketchup“ die Seite 99 gewählt und nun kann sie auf der Seite99 gelesen werden.
hier: Seite99
Ja, die Seite hat durchaus etwas Repräsentatives für meinen Krimi. Wen die Seite anspricht, der sollte sich mal mein erstes Kapitel anschauen, das ich kürzlich im Blog vorgestellt habe.
Hier die Seite 99 aus „Curry, Senf und Ketchup“
Max und seinen Kollegen mangelte es nicht an möglichen Motiven für den Mord. Tausend Vermutungen, aber nichts Handfestes.
Je weniger man über das Leben des Opfers wusste, desto mehr war möglich. Und am Ende war es doch etwas anderes als vermutet. Als ob es darauf ankäme zu beweisen, dass auch Beamte Fantasie haben, spannen die Mitarbeiter von Max darauf los. Fritz rutschte auf seinem Stuhl herum, stand halb auf, ließ sich wieder zurücksacken, doch all sein Rucken und Zucken half nicht, er musste brav zuhören, bis er an der Reihe war.
„Der Eierkopf ist von einem Studenten gekillt worden, ich hatte auch mal einen Lehrer, schrieb sogar Romane, den hätte ich am liebsten…“, sagte August.
„Wie“, sagte Fritz zu August, „und ich dachte, Hilfsschullehrer wären patente Kerle.“
„Du Armleuchter, ich war auf einer Steiner-Schule.“
„Ach was, wie lange?“
„Sieben Jahre“, sagte August.
„Armer August, das wusste ich nicht, sieben Jahre Hirnwäsche. Das erklärt so mancherlei. Sollst kein böses Wort mehr von mir hören. Ich schätze, es war dieser Assistent, der Zimmermann“, fuhr Fritz fort. „Fühlt sich um seine Arbeit betrogen. Der Zimmermann hat Ideen und der Professor Auftritte mit den geklauten Einfällen. Vielleicht hat Zimmermann mal leise winselnd nachgefragt, wie es denn wäre, wenn er als Mitautor erschiene? Vielleicht hat Liedvogel zugesagt, aber wie das so ist, hatte er es schon vergessen, bevor Zimmermann sein Büro verließ. Oder hat Zimmermann ihm vielleicht sogar gedroht, ihn im Internet als Ideendieb an den Pranger zu stellen. Damit es die ganze Uni erführe. Na ja, und dann…“
„Unsinn“, sprang Frauke Fraukensteg dazwischen, „seine Frau konnte den gewalttätigen Kerl nicht mehr ertragen und ein Vertragskiller besorgte den Rest. Oder…“ Frauke Fraukenstegs Augen weiteten sich, wenn sie bestimmte Wörter aussprach. Nach welchen Regeln das geschah, hatte Max noch nicht herausfinden können. Auch bei ganz harmlosen Wörtern wie: kurzärmlig oder …